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Leadership Development

Neurosoziale Führung: Führen mit Köpfchen!


Ich habe einmal einen neuen Vorstand erlebt. Er war für den Bereich IT verantwortlich und kam von einem anderen Unternehmen und aus einem anderen Land. Kurz nach seinem Dienstantritt erklärte er allen 2.500 Mitarbeitenden in einer virtuellen Townhall seine Strategie. Dabei erwähnte er eher beiläufig, wer bereits länger als 5 Jahre in diesem Bereich arbeite, der sei wohl „betriebsblind“ und den brauche er nicht bei der vorgesehenen Transformation.
 

„85% der anwesenden Mitarbeitenden waren länger als 5 Jahre in der IT tätig.
Die hatte er verloren, bevor er überhaupt richtig mit seiner Arbeit begonnen hat.“


Es wäre gut gewesen, der Vorstand hätte sich bewusst gemacht, dass Menschen im Arbeitskontext zwei Dinge hassen wie die Pest:

    1. Das Gefühl, ausgegrenzt zu werden.
    2. Fehlende Orientierung und Klarheit, wie sie einen Beitrag zum Gesamterfolg leisten können.

Wenn Menschen sich isoliert oder ausgegrenzt fühlen, dann wird mit dem Anterioren cingulären Cortex (ACC) genau die gleiche Gehirnregion aktiviert wie bei körperlichem Schmerz. Denn Isolation war in der Menschheitsgeschichte oft gleichbedeutend mit Hunger und existenzieller Not.

Der IT-Vorstand hatte mit seiner Bemerkung, er brauche niemanden, der länger als 5 Jahre im Unternehmen arbeitet, 1.500 Zuhörern eine kollektive Ohrfeige gegeben. Und so hatten diese sich auch gefühlt.

Kein Wunder, dass es ihm in der Folge nicht gelang, die Mitarbeitenden hinter seine 
Strategie zu bringen und er nach einigen Jahren erfolglos aufgab.

80% des Erfolges im Wirtschaftsleben kann durch soziale Dynamiken erklärt werden


Menschen sind soziale Wesen. Wir sind es seit Urgedenken gewohnt, in Sippen zu leben. Und so ist es unser größtes Bedürfnis, einer „Sippe“, also einer starken Gemeinschaft anzugehören und uns als wertvolles Mitglied dieser Gemeinschaft zu fühlen. 

Ist die Stimmung gut und fühlt sich jede Person wertgeschätzt, ist auch die Gruppe motiviert, Konflikte werden offen angesprochen, gemeinsam Lösungen gesucht und umgesetzt. 

Ist die Stimmung schlecht und es herrscht Sorge oder Misstrauen, ist die Gruppe unsicher, Konflikte werden unter den Tisch gekehrt, die Mitglieder verhalten sich abwartend und passiv. 

Menschen in Führungsrollen kommt eine exponierte Rolle dabei zu, solche sozialen Dynamiken zu beeinflussen. Schon immer waren es die Leitfiguren oben in der Hierarchie, welche die Ressourcen und Aufgaben verteilt haben. Deshalb orientieren sich Mitarbeitende stark an ihren Führungspersonen – und deshalb hat deren Verhalten einen unmittelbaren Einfluss auf das Befinden der Mitarbeitenden. 

Haben Sie im Zusammenhang mit Führung oder Strategieumsetzung schon mal über Neurotransmitter gesprochen?

Üblicherweise spricht man über Hormone, wenn sich das Gespräch um die Pubertät oder eine Schilddrüsenfunktionsstörung dreht. Doch auch, wenn wir andere Menschen als aktive Unterstützer unserer Ideen und Ziele gewinnen wollen, spielen Hormone eine zentrale Rolle. 

Der Begriff „Hormon“ kommt aus dem Altgriechischen hormān und bedeutet „antreiben/erregen“. Hormone sind biochemische Botenstoffe, die als Signalstoffe spezifische Wirkungen und Regulationsfunktionen in Gang setzen. Sie steuern nicht nur unseren Körper, sondern auch unsere Emotionen, unsere Wahrnehmung und unser Denken.

Führung ist Kopfsache


Keine Führungskraft kann allein ihre Geschäftsziele erreichen. Sonst wäre sie nicht Führungskraft und hätte Mitarbeitende, die bei der Zielerreichung unterstützen sollen. Wer ein leistungsstarkes Team formen und gute Ergebnisse erzielen möchte, für den spielen Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn eine besondere Rolle. Diese Substanzen sorgen am synaptischen Spalt für die Informationsübertragung zwischen den Gehirnzellen. Das Faszinierende ist, dass die Regulation der Neurotransmitter davon abhängt, wie Menschen ihr Umfeld wahrnehmen und interpretieren.

Warum Neurotransmitter ein Führungsinstrument sind


Vier Substanzen prägen besonders die Vitalität und mentale Leistungsstärke der Individuen und in der Kombination auch des Teams. Sie haben einen starken Einfluss auf unseren physischen und psychischen Zustand:


Serotonin
wird umgangssprachlich auch „Glückshormon“ genannt.

Es gibt uns das Gefühl von Lebenswillen, Freude und Gelassenheit. Serotonin dämpft negative Gefühle und reduziert impulsives Verhalten. Viele antidepressive Medikamente sind so konzipiert, dass sie die Serotonin-Konzentration zwischen den Nervenzellen erhöhen. Ein gesunder Serotonin-Spiegel macht uns leistungsfähig und wirkt sich positiv auf unsere Sozialkompetenz aus. Durch gezieltes Führungsverhalten in entscheidenden Situationen kann man den Serotonin-Level beteiligter Personen beeinflussen.

Dopamin
wird umgangssprachlich als „Belohnungshormon“ bezeichnet.

Es wird ausgeschüttet, wenn wir den Eindruck haben, mit unserem Handeln ein wichtiges, übergeordnetes Ziel zu verfolgen und Schritte auf diesem Weg erfolgreich zu meistern. Dopamin löst Emotionen wie Motivation und Zuversicht aus. Es spielt eine große Rolle in unserem Belohnungssystem. Auch Drogen aktivieren Dopamin-Ausschüttungen. Das dadurch künstlich verursachte Gefühl kann süchtig machen. Führung kann durch erstrebenswerte Zielsetzungen, Trainings und gute Arbeitsorganisation den Dopamin-Haushalt der Beteiligten beeinflussen.


Noradrenalin
ist chemisch eng mit dem Hormon Adrenalin verwandt.

Es bereitet unser Gehirn in akuten Situationen auf schnelle und effiziente Handlungen vor. Es aktiviert kurzfristig Energiereserven des Körpers, schärft die Sinne, erhöht die Aufmerksamkeit und hilft Menschen, ihre Komfortzone zu verlassen.

Cortisol
ist das Langzeitstress-Hormon.

Es wird ausgeschüttet, wenn der Körper sich auf einen längeren, entbehrungsreichen Kampf einstellt. Ein hoher Cortisol-Spiegel zeigt sich in Zuständen wie beispielsweise leichter Aggression, Nervosität oder reduzierter Aufmerksamkeit. Ein dauerhaft hoher Cortisol-Spiegel entzieht dem Körper Energiereserven und laugt ihn aus. Dies führt zu Erschöpfung, vorzeitigem Altern und sogar kognitivem Abbau. Auch erhöht sich das Risiko, an einer Depression zu erkranken! Führung kann das Stresslevel der Betroffenen reduzieren, indem sie multiple Anforderungen mit Überforderungscharakter, unklare Zielsetzungen oder ungünstige Arbeitsbedingungen verhindert.


Führung ist vor allem die Fähigkeit, Menschen zu bewegen, die Wege zu gehen,
die für den Erfolg des Unternehmens als sinnvoll erachtet werden.
Dabei kann Führung mentale Trigger bewusst einsetzen, um Einzelne und Teams in entscheidenden Momenten zu motivieren.

Die Wahrnehmung beeinflusst unsere Gedanken und Gefühle


Dazu muss man sich bewusst machen, wie Neurotransmitter wirken. Die Neuroampel ist hierzu ein hilfreiches Führungsinstrument. Man kann Sie in Team- oder Projektmeetings als Check-In nutzen, um zu verstehen, in welchem Zustand eine Gruppe gerade ist.


Die Neurampel misst, ob Mitglieder eines Teams sich gerade in einem „grünen“, „gelben“ oder „roten“ Zustand befinden.

„Grün“ steht für Serotonin und Dopamin. Diese beiden Botenstoffe erzeugen einen Zustand dauerhafter Leistungsfähigkeit. 

Bei einem Check-In mit der Neuroampel werden Team-Mitglieder gebeten, ihr aktuelles Befinden im Hinblick auf vorgegebene Aussagen auf einer Skala von 0 (überhaupt nicht) bis 10 (voll und ganz) einzuschätzen. 

Die entsprechende Aussage zum Botenstoff „Serotonin“ lautet beispielsweise: „Ich fühle mich gerade energiegeladen und wertgeschätzt“.

Um den Dopamin-Faktor zu ermitteln, eignet sich ein Satz wie: „Ich habe gerade das Gefühl, auf einem guten Weg zu sein“.

In Hinblick auf Noradrenalin kann die Check-In-Frage lauten: „Ich bin positiv aufgeregt und gespannt“. 

Im Bezug auf das Langzeitstress-Hormon Cortisol kann man die Frage stellen „Ich fühle mich im Kampf- und Überlebensmodus“. 

Man kann die Mitglieder einer Gruppe zunächst anonym abstimmen lassen und dann jedes Mitglied einladen, kurz seinen Zustand zu kommentieren. So erhält man in einer Führungsrolle wichtige Informationen, was die einzelnen Kolleg:innen gerade bewegt und ob sie sich insgesamt in einem guten Zustand befinden. 

Ist der Cortisol-Level hoch gilt das Motto: Störung hat Vorrang. Niemand lässt sich auf ein neues Thema ein, wenn man sich gerade im Überlebensmodus befindet. Oft reicht es allerdings, wenn man ausspricht, was einen gerade belastet. Allein die Aufmerksamkeit und das Mitgefühl der Kolleg:innen ist dann oft schon eine große Stütze.


Unten sind zwei Personen in unterschiedlichen kognitiven Zuständen abgebildet. Die rechte Person leidet unter Dauerstress. Hier herrscht Alarm im Kopf. Die Person fühlt sich alleingelassen und hat Angst zu versagen. Manche Situation kann diese Person lösen, aber selbst viele einfache Tätigkeiten kommen ihr jetzt herausfordernd vor.

Die linke Person ist in einem guten, vitalen Zustand. Sie kann sich gerade auf sinnvolle Ziele und Aktivitäten konzentrieren. Sie fühlt sich ihren Aufgaben gewachsen, kann ihre Wahrnehmungen stimmig einordnen und erlebt im Berufsalltag Situationen, die ihr Freude bereiten. Sie hat den Eindruck, Schritt für Schritt einem erstrebenswerten Ziel näherzukommen.

Führung mit Köpfchen Grafische Darstellung

Gutes Leadership aktiviert die Neugierde


Kündigt sich eine Veränderung an, wird bei Mitarbeitern stets beides aktiviert: Die Neugierde und die Angst. Als Führungskraft sollte man beachten, dass dies zwei Aspekte ein und desselben Systems darstellen. Da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, neigt er dazu, Veränderungen intuitiv als bedrohlich einzustufen. Wenn aber Führungskräfte in der Lage sind, Neugierde zu wecken und Chancen aufzuzeigen, werden die Mitarbeiter motiviert. 

Neugierde ist der entscheidende Faktor: Dopamin – das Belohnungshormon – ist der Neurotransmitter, der ausgeschüttet wird, wenn wir neugierig sind. Gutes Leadership macht neugierig, denn es trägt dazu bei, dass die Mitarbeitenden in einem ausgeglichenen mentalen Zustand und somit maximal leistungsfähig sind. Mit Freude und ohne auszubrennen.

Die Wahrnehmung und Interpretation von Umweltdaten bestimmt über die Neurochemie unser Lebensgefühl und die geistige Leistungsfähigkeit. Im Zeitablauf entstehen in den Köpfen er Menschen riesige Datenautobahnen. Sie ermöglichen es, dass nicht alles, was auf uns einströmt, auch in unser Bewusstsein gelangt. Unbewusste Verhaltensweisen ermöglichen es uns, Routinen effizient zu erledigen. Aber sie erfordern eben auch bewusste Veränderungsstrategien.

Neue Wege in der geistigen Datenverarbeitung verankern


Um Mitarbeiter neugierig auf Veränderungen zu machen und sie zu überzeugen, neue Wege zu gehen, müssen Führungskräfte die „Nebenstraßen“ ausbauen. Worauf wir unsere selektive Wahrnehmung lenken, spielt bei der Datenverarbeitung eine entscheidende Rolle. Wir können die Interpretation unserer Sinneseindrücke verbessern, indem wir unsere Erfahrungen reflektieren, die Gedanken sortieren und uns auf das konzentrieren, was uns konstruktiv weiterbringt. 

Leadership bedeutet auch, in dieser Richtung Vorbild zu sein. Führungskräfte sollten sich immer wieder bewusst machen, wofür sie stehen und welche Signale sie aussenden, wenn Veränderungen anstehen.

Daraus ergibt sich ein anderes Verhalten, insbesondere auch die Art, wie wir mit anderen Menschen umgehen und kommunizieren. Gehirne sind trainierbar. Vorgesetzten kann es gelingen, dass Mitarbeiter flexibler im Denken werden und leichter bereit sind, neue Wege zu gehen. 

Neurosoziale Führung bietet dabei konkrete Instrumente, um in den „Momenten der Wahrheit“ für einen grünen, leistungsstarken Zustand im Team zu sorgen. 

Die Grundlagen neurosozialer Führung sind in folgendem Buch beschrieben: EXPEDITION ZUKUNFT – Wie wir den Zufall nutzen können, um Ungewissheit und Komplexität zu meistern.

Kompakt und anschaulich erfahren Sie:

  • Neurowissenschaftliche Erkenntnisse für Menschen in Führungspositionen
  • Zwölf typische Denkfehler, die man in einer Führungsrolle kennen muss
  • Ansätze zur Entwicklung einer agilen Organisation
  • Bestandteile eines mentalen Navigationssystems, um kollektivem Denken eine gemeinsame Richtung zu geben.
  • Interviews mit dem Nobelpreisträger Muhammad Yunnus und dem Wirtschaftsphilosophen und Bestseller-Autor Nassim Nicholas Taleb („Antifragilität“ und „Der Schwarze Schwan“)
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